Nachbarstreit – Tipps zur Versöhnung mit dem Nachbarn
Wenn der Nachbar Dich ärgert – Rechte und Wege aus dem Nachbarstreit
Am vergangenen Dienstag erhielt ich eine Anfrage einer Redakteurin der Bauer Media Group. Man trat mit dem Wunsch an mich heran, ob ich für ein Interview für die Zeitschrift „Laura – Alles für die Frau“ zum Themenkomplex Beilegung von Nachbarschaftsauseinandersetzungen zur Verfügung stehen würde.
Anlass genug die Praxistipps auch hier weiterzugeben. Was kann man als Betroffener tun, wenn einen das Verhalten eines Nachbarn ärgert? Kann man auch ohne Anwalt etwas gegen die Beeinträchtigungen des Nachbarn unternehmen?
Ja, man kann… Nachfolgend möchte ich einige in der Konfliktbewältigungspraxis erprobte Tipps zur Beilegung von typischen Nachbarschaftsstreitigkeiten geben.
Vorangestellt sei folgendes. Auch das Gesetz kennt Mittel und Wege um gegen Störungen von Nachbarn vorzugehen. Zum allgemeinen Verständnis der nachbarschaftsgemeinschaftlichen Bestimmungen ist folgendes vorauszuschicken. Rechte über das Nachbarschaftsverhältnis orientieren sich an dem – mit Blick auf den allgemeinen Grundsatz nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) entwickelten – Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme. Zwar soll es hier nur am Rande um die gesetzlichen Vorschriften gehe, aber das allgemeine gebot der Rücksichtnahme werde ich immer wieder aufgreifen.
Soweit so gut. Jetzt aber zu den Tipps zur Selbsthilfe.
Was soll ich tun, wenn der Nachbar spät am Abend laute Gäste empfängt?
Ab 22 Uhr gilt das Gebot der allgemeinen Rücksichtnahme zur Wahrung der Nachtruhe. Für gewöhnlich lässt sich die Lärmbeeinträchtigung der Nachtruhe noch am selben Abend in einem Gespräch beilegen. Wichtig sind hierbei zwei kommunikationstragende Regeln. Regel Nr. 1: Die Konversation ist ausschließlich mit dem Nachbarn (und nicht mit seinen Gästen) zu suchen. D.h. es ist ein Gesprächsumfeld außerhalb des Wahrnehmungsbereichs der Gäste zu wählen. So lässt sich zum einen eine „Gruppendynamik“ vermeiden. Zum anderen fühlt sich der gastgebende Nachbar nicht vor seinem Besuch bloßgestellt. Regel Nr. 2: Das Gespräch sollte tunlichst kurz gehalten werden. Die Aufmerksamkeit ist abends gehemmt. Zudem will der Nachbar als guter Gastgeber bei seinen Gästen verweilen. Wer diese Regeln beachtet, schafft optimale Voraussetzungen, seinem Anliegen an einer ungestörten Nachtruhe Gehör zu verschaffen.
Was kann man tun, wenn der Nachbar sich immer wieder lautstark streitet?
Ein besonders sensibles Problem ist ein latent lautstark streitendes Nachbarschaftsumfeld. Alkoholkonsum, zwischenmenschliche Konfliktherde, Selbstwahrnehmungsdefizite und andere Faktoren können hier ein Rolle spielen. Hier ist besondere Sensibilität gefragt. Eine solche Sensibilität kann weder die Konfrontation des Nachbarn mit eigens angelegten Lärmprotokollen, der drohende Zeigefinger eines herbeigerufenen Polizisten und erst Recht keine richterliche Verfügung vermitteln.
Wem wirklich an einer dauerhaften Befriedung des konfliktgeladenen Nachbarschaftsverhältnisses gelegen ist, der hält nach „behutsamen“ Alternativen Ausschau. Die wohl erfolgsversprechendste Vorgehensweise liegt darin, das Engagement anderer betroffener Nachbarn zu wecken, um den Schwierigkeiten in der Solidargemeinschaft zu begegnen. Ziel ist zum einen, dem konfliktgeforderten Nachbarn seine Verbundenheit zu vermitteln, zugleich aber auch zu signalisieren, dass die persönliche Kontroverse eines einzelnen (nämlich des Nachbarn mit seiner Konfliktpartei) die Gemeinschaftsmitglieder beeinträchtigt.
Wie soll ich handeln, wenn mein Nachbar sich über meine Kinder beschwert?
Kinder spielen gern ungehemmt. Die damit einhergehende Geräuschkulisse wird mitunter von einigen wenigen kinderlosen oder betagten Menschen gelegentlich als störend empfunden. Dennoch ist die Geräuschkulisse spielender Kinder kein „Lärm“ im formaljuristischen Sinne des Nachbarschaftsrechts. Eltern könnten den Reklamationen mit rechtsbelehrenden Vorträgen und/oder der „kalten Schulter“ begegnen. Leidtragende sind aber oft die Kinder, die von den lärmempfänglichen Nachbarn angegangen werden. Daher empfiehlt es sich, als Eltern frühzeitig das persönliche Gespräch mit den klagenden Nachbarn zu suchen. Im Rahmen der Konversation sind zwei Dinge sehr wichtig und zwar „Verständnis zeigen und Verständnis einfordern“. Nur in dieser Reihenfolge entsteht ein verständiger und damit „gesunder“ Dialog.
Hilfe, mein Nachbar raucht im Hausflur – was nun?
In allen Gemeinschaftsbereichen – und zu diesen zählt in Mehrparteienhäusern auch der gemeinsam genutzte Hausflur – gilt das allgemeine Rücksichtnahmegebot. Jedem Mieter steht es frei, den Appell an die Einhaltung der Gemeinschaftsregeln an den Vermieter zu richten; mitunter kann sogar eine Mietminderung beantragt werden. Wer jedoch dem penetranten Qualmgeruch im Flur effektiv begegnen will, der sucht das Gespräch mit dem rauchenden Nachbarn. Bedacht werden sollte hier, dass Rauchen eine Sucht ist und die Kritik an selbiger vom Betroffenen oft als Beschwerde über Charakterzüge empfunden wird. Daher gilt: „Verhaltensappell suchen und Personenkritik meiden“. Wer den Satz mit dem Wort „Sie“ beginnt, wird bei einem bekennenden Raucher kaum auf offene Ohren treffen.
Was ist zu tun, wenn main Nachbar mich wiederholt zuparkt?
Das Zuparken fremder Stell- oder Zugangsbereiche kann zivilrechtlich als Eigentumsbeeinträchtigung und strafrechtlich als Ordnungswidrigkeit qualifiziert werden. Auch die Straßenverkehrsordnung untersagt ein Zuparken von Grundstückseinfahrten. Doch Abschleppdienste und Unterlassungsverfügungen führen häufig direkt in einen fortwährenden Nachbarschaftsdisput. Sinnvoller erscheint es hier zumeist, den fahrzeugführenden Nachbarn im direkten Gespräch darauf aufmerksam zu machen, vor welche Schwierigkeiten das abgestellte Kfz den Betroffenen gestellt hat. So wird dem Nachbarn „vorwurfsfrei“ die eigene Gefühlswelt offenbart.
Was kann ich machen, wenn mein Nachbar seine Pflanzen überwuchern lässt?
Überwuchs ist wohl einer der ältesten Konfliktherde im Nachbarschaftsrecht. Man kann diesen Konfliktbereich treffend als „Blickwinkeldivergenz“ bezeichnen. Entscheidend ist die Perspektive. Der Nachbar sollte auf das Grundstück des Betroffenen geladen werden. Von hier aus lässt sich veranschaulichend über die Kultivierung der Bepflanzung sprechen. Auch hierbei sollte das Gespräch frei von Vorwürfen erfolgen.
Was soll ich machen wenn Nachbarn den Müllbeutel im Treppenhaus stehen lassen?
Abfall im Treppenhaus sorgt nicht nur für unangenehme Emissionen, sondern birgt auch ein Sturzrisiko. Verantwortlich für die Verkehrssicherungspflicht im Gemeinschaftsbereich ist der Eigentümer. Daher sollte das Abfallproblem mit dem Vermieter bzw. mit der Wohnungseigentumsgemeinschaft besprochen werden. In der Hausordnung oder einem entsprechenden WEG-Beschluss sind Freihalte- und Reinlichkeitsregeln im Gemeinbereich aufzustellen, auf deren Einhaltung der Eigentümer achten sollte.
Der Hund meines Nachbarn bellt unermüdlich – mir reicht’s – was jetzt?
Hunde pflegen evolutionsbedingt lautstark miteinander zu kommunizieren. In direkter Nachbarschaft kann Hundegebell jedoch unwirtliche Verhältnisse schaffen. Hundehalter sind daher in Wohngebieten gesetzlich verpflichtet, erhebliche Belästigungen der Nachbarn durch den eigenen Vierbeiner zu unterbinden. Andernfalls droht ein Ordnungswidrigkeitsverfahren, die Geltendmachung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche durch gesundheitlich beeinträchtigte Nachbarn oder die Kündigung des Mietverhältnisses. Doch ab wann ist Hundegebell erheblich und wie lässt sich das Gebell des Vierbeiners unterbinden? Viele Tierhalter sind mit der Hundeerziehung schlichtweg überfordert und reagieren mitunter selbst gestresst auf das stete Bellen des eigenen Hundes. Nicht wenige Hundehalter sind dankbar für Hinweise, die es dem Hund ermöglichen, gesunde Verhaltensprägungen zu erfahren. Dies kann und sollte sich der lärmbeeinflusste Nachbar im Gespräch mit dem Hundehalter zu Nutze machen. Tipp 1: Im Gespräch sollte hervorgehoben werden, dass dem Gesprächspartner gleichermaßen an einem gesunden Nachbarschaftsverhältnis sowie am Tierwohl gelegen ist. Tipp 2: Behutsame Hinweise auf unterstützende Einrichtungen wie etwa der Gesellschaft für Tierverhaltenstherapie e.V., dem Berufsverband der Hundeerzieher/innen und Verhaltensberater/innen e.V., der Tierärztlichen Arbeitsgemeinschaft Hundehaltung e.V. oder den Tierärztekammern können kommunikationsstrategisch eingesetzt werden.